2. Erinnerungsorte in Wittenberg
Luther der bedeutendste Reformator Europas
Luther hat die Menschen von ihrer alltäglichen Angst vor dem Fegefeuer befreit, er versicherte ihnen die Gnade Gottes. Die katholische Kirche verlor ihr geistliches Monopol im Abendland, sie hatte kein Wissensmonopol über Glaubensfragen und Kirche mehr und damit auch keine alleinige Autorität der geweihten Priester. Die Menschen waren erstmals dazu aufgefordert, in Glaubensfragen ausschließlich dem eigenen Gewissen zu folgen.
Die Universität in der Wittenberger Provinz, eine Gründung Friedrichs des Weisen
Kurfürst Friedrich der Weise hatte die Hochschule in Wittenberg für das kurfürstliche Sachsen gegründet. Seine Verwandten, die in Dresden residierenden Herzöge, besaßen die Leipziger „Landesuniversität“, die älteste Universität auf deutschem Boden. Das wurmte Friedrichs den Weisen sehr.
Wie aus dem aktuellen Luftbild zu ersehen ist, hat sich am Stadtkern Wittenbergs seit dem Mittelalter nicht allzu viel verändert.
Wittenberg bestand zu Luthers Zeit nur aus diesem Stadtkern, in dem sich jedoch zu seiner Zeit viele kleine mittelalterliche Häuser befanden. Die Stadt war provinziell und nach heutigen Maßstäben eigentlich ein Dorf. Für Luther, der aus dem reichen Erfurt kam war das sicher ein “Kulturschock“.
Das Augusteum, in dem Luther und später auch seine Frau Katharina von Bora lebten
Die Neugründung der Universität musste aus Ersparnisgründen zum Teil mit Augustinern als Lehrkräfte besetzt werden. Die Bezeichnung „Universität“ ist fast schon irreführend: Es gab nur wenige qualifizierte Lehrkräfte. Unter den nicht einmal 200 Studenten gab es noch halbe Kinder: Man ging schon mit 12 bis 14 Jahren auf die Hochschule und brachte an Vorkenntnissen wenig mit.
Der Anschlag der 95 Thesen an die Tür Schlosskirche in Wittenberg gilt als Reformationstag
Die sehr provokanten Thesen verbreiteten sich binnen weniger Wochen quer durch das Reich wurden vielfach übersetzt. Die Emotionen kochten hoch, und von Thomas Morus in England bis Erasmus von Rotterdam diskutierte die gelehrte Welt Luthers Thesen. Der Ablassprediger wie Johann Tetzel waren tief gekränkt bis verbittert.
Die Schlosskirche war für Luther eher ein öffentlichen Raum in den er seine Thesen an der Kirchentür zur „Disputation“ stellte
Die Emotionen kochten hoch, und von Thomas Morus in England bis Erasmus von Rotterdam diskutierte die gelehrte Welt Luthers Thesen. Der Ablassprediger wie Johann Tetzel waren tief gekränkt bis verbittert. Jedermann konfrontierte Luther nun mit unterschiedlichsten Forderungen. Der frühere Mönch bekam es mit Bischöfen und Kardinälen, später gar mit dem Kaiser und dem Papst zu tun. Das stille Klosterleben hatte ein Ende: „Das Lied wollte mir zu hoch werden.“ beklagte er.
Die Schlosskirche dominiert die Altstadt
Den Kirchturm umschließt ihn ein Spruchband aus Mosaiksteinen, mit dem Titel Kirchenliedes von Martin Luther „Ein feste Burg ist unser Gott, ein gute Wehr und Waffen“. Das passt gut, denn er wurde auf einem alten Festungsturm des Schlosses errichtet.
Anlässlich von Martin Luthers 400. Geburtstag 1883 begann ein tiefgreifender Umbau der Kirche im neugotischen Stil als „Denkmal der Reformation“
Mit dem Wiener Kongress wurden große Gebiete Sachsens den Preußen zugesprochen. Wittenberg wurde preußisch. Es erhielt die eiserne Thesentür und die neugotische Kirche
Wittenbergs Stadtkirche St. Marien und der Marktplatz
Die Luftaufnahme zeigt die Stadtkirche St. Marien, in der Luther und sein Beichtvater Bugenhagen predigten. Hier in St. Marien hingegen wurde die Messe zum ersten Mal in deutscher Sprache gefeiert und das Abendmahl erstmals „in beiderlei Gestalt“ durchgeführt, in der die Gemeinde Brot und einen Kelch mit Wein erhält. Seit 1996 gehört die Stadt- und Pfarrkirche St. Marien zum UNESCO-Weltkulturerbe.
Während des Bildersturms im Jahre 1522 wurde fast die gesamte Inneneinrichtung der Stadtkirche St. Marien demoliert oder sogar entfernt worden.
Martin Luther kehrte daher trotz der über ihn verhängten Reichsacht von der Wartburg zurück nach Wittenberg und hielt hier seine berühmten Invokavit-Predigten. „Friedliche Reformation, nicht gewaltsame Revolution.“ Sie lieferten den lutherischen Kirchen das Grundschema für Konfliktlösungen: „Überzeugen aus der Kraft des Wortes Gottes heraus, nicht durch Einsatz von Gewalt!“
Am Wittenberger Rathaus sind die Standbildbilder Luthers und Philipp Melanchthons zu sehen
Luthers „kleiner Grieche" verdient diese Ehre, denn er reiht sich ein in die Reihe der großen Geister der Reformation ein. Philipp Melanchthon studierte neben Griechisch auch Hebräisch und Latein und half Luther bei der Übersetzung der Bibel. Er bestärkte Luther unaufhörlich darin, seine Predigten in deutscher Sprache zu halten und die Arbeit an der Übersetzung der Bibel fortzusetzen.
Luther machte biblische Inhalte dem einfachen Volk zugänglich, und durch seine Bibelübersetzung entwickelte sich regionale Dialekte zum gemeinsamen Hochdeutsch
Zwar gab es vorher schon 14 hochdeutsche und vier niederdeutsche gedruckte Bibelausgaben, jedoch waren sie durch ihr „gestelztes“ Deutsch für das einfache Volk schwer verständlich. Redewendungen wie „Perlen vor die Säue werfen“, „ein Buch mit sieben Siegeln“, „die Zähne zusammenbeißen“, „etwas ausposaunen“, „im Dunkeln tappen“, „ein Herz und eine Seele“, „auf Sand bauen“, „Wolf im Schafspelz“ und „der große Unbekannte“ gehen auf Luther zurück (Wikipedia).
In ganz Europa gab es im Jahr 1500 etwa 1.000 Druckereien. Eine halbe Million Nachdrucke von Luthers Schriften sollen 1521 bereits existiert haben
„Die spätere Bibelübersetzung hatte 1523 eine Auflage von 5.000 Exemplaren erreicht, fünfzehn Jahre später umfasste sie schon 200.000. In rasantem Tempo verbreiteten sich Ideen und Kritik nicht nur bei den großen Gelehrten, sondern auch unter den Bürgern“ (Friedenthal 1967). Allein der Glaube mache selig, allein die Gnade Gottes entlaste den sündigen Menschen, allein die Heilige Schrift sei für Gläubige verbindlich: Das wurde zum Allgemeingut der Reformation.
In der professionell organisierten Werkstatt der Cranachs waren bis zu 30 Künstler
Neben dem Buchdruck, der mit den Werken Luthers ordentliches Geld verdiente, spielte das Bild eine immer bedeutendere Rolle. So existieren allein 150 Bilder von Martin Luther aus der Werkstatt der Cranachs. Als der Reformator auf den Wormser Reichstag fuhr kannte ihn Jeder und er wurde auf seiner Reise wie ein Held gefeiert.