5. Die Kanalisierung der Alster von der Winterhuder Brücke bis nach Ohlsdorf
Die Stadt brauchte dringend neue Wohngebiete, die entlang der verschlickten Alster nur durch mächtige Uferbefestigungen entwickelt werden konnten
Hamburg–ohne Altona– wuchs zwischen 1850 und 1910 von 132.000 Einwohnern auf 1.032.000 Einwohner. Auch das Sozialprodukt hatte sich seit 1870 fast verdreifacht. Der Hafen boomte, und wurde zum drittgrößten Hafen der Welt.
Der Blick vom Winterhuder Kai auf den Heyns Park und rechts die mächtigen Uferbefestigungen der „Bastion“
Zwischen dem Park und der „Bastion“ mündet das Flüsschen Tarpenbek in die Alster, sodass sich die Alster hier --jenseits der Alsterdorfer Brücke -- seenartig ausbreitet.
Der Heynspark: Viel Grün, viel Wasser, eine Oase der Ruhe: Für viele Eppendorfer ist es wie ein Vorgarten in dem sie sich von der Hektik des Stadtlebens erholen können
Der Garten ist nach ihrem damaligen Besitzer Max Theodor Hayn benannt worden, dem letzten Senator der auf Lebenszeit bestellt wurde. Im Rahmen der Alsterkanalisierung wurde der Park vom Gartenbaumeister Otto Linne überarbeitet. Der Monopteros und das große Planschbecken sind seine Schöpfungen.
Im Jahr 1914 beginnen die Arbeiten, die sich bis in die zwanziger Jahre hinziehen
Der Oberingenieur Friedrich Sperber war für den Bau des Kanals. Der Krieg und seine Folgen erschwerten die Arbeiten. So plante Schuhmacher hier tatsächlich eine große „Bastion“ für die nun die Mittel fehlten. Er einigte sich mit Otto Linne auf die großen Pyramidenpappeln, „bastionsmäßig“ sozusagen.
Die Hayns Parkbrücke überquert den Zufluss der Tarpenbek und führt von Park auf die Bastion und die Meenkwiese
Bis zum Beginn der Bauarbeiten am Kanal befand sich hier das große Feuchtgebiet der sogenannten „Dovealster“, die ein kaum überwindbares Hindernis für die Vergrößerung des Haynsparks darstellte.
An der Hays Parkbrücke befindet sich der Klassiker "Baarmeier ́s Bootshaus"
Oberhalb des Bootshauses wurde die 21 km lange Tarpenbek 1263 zum Eppendorfer Mühlenteich aufgestaut. Hier überwintern heute die Alsterschwäne. Ihre Becken sind beheizte, denn sie sind seit mehr als 400 Jahren ein Wahrzeichen der Stadt Hamburg.
Der Pavillon am Winterhuder Kai markiert einen Aussichtspunkt auf die Haynspark-Brücke mit dem spiegelbildlichen Pavillon
Die große Wasserfläche sowie die Zufüsse zur Alster und die Seitenkanäle fanden die besondere Aufmerksamkeit des Städteplaners und Architekten Fritz Schuhmacher.
Mit dem Bau des begadigten Alsterkanals und den alten Mäandern der Alster ergaben sich Inseln
Die alten Mäander wurden zunächst verbreitert, damit das Gelände für den Bau des neuen Alsterverlaufs trockengelegt werden konnte. Heute werden die alten Alsterverläufe „Seitenkanäle“ genannt, während der Neubau "Alster" genannt wird. An Inselkanal dem Skagerakkanal und dem Brabandkanal konten an beiden Ufern viele Grundstücke am Wasser entwickelt werden.
Der Skagerakkanal bildet mit der kanalisierten Alster die größte Alsterinsel, die von der Rathenaustraße durchquert wird
Der Kanal ist 1125 Meter lang und zwischen 20 Meter bis 40 Meter breit. Zur Bauzeit des Kanals wurde Skagerrak –Seeschlacht zwischen der deutschen Hochseeflotte und der Royal Navy Mitte 1916 geschlagen. Die Seescacht beschäftigte die Menschen im Ersten Weltkrieg sehr.
Die Rathenaubrücke Fritz Schuhmachers über dem Skagerakkanal
Die vielbefahrene Rathenaustraße verläuft in der Mitte der Insel, weit genug entfernt vom Grüngürtel des Alsterkanals. Der Reichsaußenministers Walther Rathenau galt im liberalen Hamburg als Hoffnungsträger. Er wurde im Juni 1922 von Rechtsradikalen ermordet.
Im Inselkanal: Zwischen der Alster und dem Seitenkanal entstand ein sehr stadtnahes und exklusives Wohngebiet
Die Inselstraße durchquert die Alsterinsel, die deshalb die Stadt nur über Brücken erreicht werden kann, die Inselbrücke und die Reichstagsbrücke.
Das Foto von der Deelbögebrücke zeigt die Grünflächen am Alsterkanal von dem der Inselkanal-links im Bild -abzweigt
Über die Brücke führt eine 6-spurige Hautverkehrsstraße, dennoch spürt man die Ruhe an der Alster. Am Konzept der „Grünen Alster“ gehören die grünen Gartenfronten am Alsterkanal. Die durchgängigen Gartenbereiche erstecken sich von hier bis nach Ohlsdorf - eine städtebauliche Meisterleistung.
Die Gärten der Villen am Alsterkanal liegen immer am Alsterkanal und sind damit ein wichtiger Bestandteil der Grüngürtels Alster
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Den Villen gegenüber erstreckt von der Inselstraße bis nach Ohlsdorf der breite Gürtel der Gartenkolonien, deren Ufer prächtig planvoll prächtige Trauerweiden am Alsterlauf angepflanzt worden sind.
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Die Ecksituation an der Inselspitze und die Mündung der Inselkanals
Wie an allen wichtigen Alsterabschnitten plante Schuhmacher hier ein großes Gebäude mit mächtigen Säulen am Eingangsportal. Der Krieg und seine Folgen erschwerten die Arbeiten. Heute stehen an der Inselspitze Gartenlauben.
An der Mündung des Inselkanals: Die Villen an der Straße Kugelfang stehen unter Denkmalschutz.
Die schönen Backsteinhäuser konnten erst um 1936 gebaut werden, als der erste Weltkrieg und die Inflation fast vergessen waren. Schumacher musste Deutschland verlassen, denn er war Jude. An der klassischen Backsteinarchitektur am Alsterkanal hätte er sicher gefreut.
Das monumentale Becken der Alsterdorfer Kehre war eine Idee Alfred Lichtwarks
In einem Schreiben an den Senat ist schon eine kleine Zeichnung des Beckens beigefügt. Der langjährige Leiter der Hamburger Kunsthalle war einer der profiliertesten Kunstkritiker Deutschlands und in Hamburg von großem Einfluss.
Die Ausbildung der Ufermauernin Bruchstein resp. Findlings – Mauerwerk an beiden Ufern der Alster
Die Verwendung von Naturstein verwundert, da Schuhmacher den Backstein als regionaltypisch-hanseatisches Baumaterial bevorzugte. Man sehe sich nur seine Kaimauern im Hafenbecken des Stadtparks an!
Fritz Schuhmacher erreichte viele liebenswerte Details am Werk des Oberingenieurs und Kanalbaumeisters Sperber
Dazu gehören die Treppenanlagen hinunter zum Wasser der Alster, die heute von jungen Leuten zum Sonnenbad häufig und gern genutzt werden. Auch die Treppenanlagen an den mächtigen Mauern der Bastion sind fast immer besetzt.
Die Alsterdorfer Dammbrücke Fritz Schuhmachers verbindet Alsterdorf mit der Alsterkrugchaussee
Sie ist eine 26 Meter lange Bogenbrücke wurde zwischen 1915 und 1918 errichtet. Brücke und die Nebenanlagen stehen seit 1991 unter Denkmalschutz.
Die Treppe führt in wenigen Metern zur Alsterdorfer Kehre
Besonders gelungen sind die Treppenaufgänge an fast allen Brücken am Kanal die auf die Höhe der Brücke führen oder wieder zurück zur Alster, eine Verbindung zum Fluss, die Schuhmacher immer besonders wichtig war.
Das ehemalige Trafo-Haus am Alsterdorfer Damm in steht unmittelbar neben der Alsterdorf Dammbrücke
Entlang des Gebäudes führen die Treppenanlagen auf die Höhe der Brücke. Das Travo-Haus steht – ebenso wie die Brücke unter Denkmalsschutz, seit 2010 beherbergt es das Bistro Braband.
An der Brabandstraße 1-2 baute der Architekt Hermann Höger 1926/27 ein Doppelhaus in expressionistischer Backsteinarchitektur
International bekannt wurde Höger durch das Chilehaus in Hamburg, das er für den Reeder Henry B. Sloman baute. Höger bevorzugte die starke Gliederung seiner Klinkerbauten, die häufig abgelehnt wurde („Kinkersticker“ oder „gotisierend“).
Der Blick von der Hindenburgbrücke auf das Ufer entlang der Brabandstraße und der Gartenfront der Rathenaustraße
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Unterhalb der Fuhlbütter Schleuse weitet sich der Alsterkanalanal großzügig auf
Die Oberalsterschifffahrt ging Anfang des 20. Jahrhunderts zu Ende, und die letzten Alsterschiffe holten vom damaligen „Centralgefängnis“ die Warenproduktion ab. 800 Gefangene produzierten hier seit 1899 Waren für Hamburg.
Schleuse Ohlsdorf mit Sicht auf die Schleusenkammer und auf die Ratsmühlenbrücke
Der Neubau der Fuhlsbüttler Schleuse nimmt die die Backsteinarchitektur der alten Brücke Schumachers wieder auf. Bis zur Ratsmühlenbrücke erstreckt sich noch der Alsterkanal, der Ratsmühlenteich jenseits der Brücke ist schon ein natürlicher Alstersee.